So, oder so ähnlich, haben die meisten Freunde reagiert als ich von meinen Plänen erzählte, mich eine Zeit lang vegan zu ernähren. Ich kann es ihnen nicht verdenken. Ich selbst hätte vor noch gar nicht allzu langer Zeit genauso auf meine Ankündigung reagiert. Wer mich kennt, weiß, ich bin eine Genussschnitte, die gutes Essen und ein feines Weinchen dazu zu schätzen weiß. “Vegan” war mir bislang immer viel zu dogmenbehaftet und freudfrei, war für mich krasser Verzicht und Lebenseinschränkung. Was habe ich mich geirrt! Wie meistens im Leben müssen einfach nur die richtigen Dinge zu richtigen Zeit geschehen und schon ändern sich Sichtweisen und Überzeugungen. So passierte es mir im Falle meiner Einstellung zum Veganen. Und das kam so…

Im April, ziemlich genau vor vier Monaten, beschloss ich auf einen Tipp meiner Heilpraktikerin hin eine Zeit lang die Zufuhr von Kohlehydraten zu kontrollieren und zu reduzieren. Was für ein Erfolg! Bereits nach kurzer Zeit stellte sich ein ganz neues Körpergefühl ein. Es fühlte sich an, als wären da kleine Putztrupps in meinen Blutbahnen unterwegs, die mal ordentlich alles durchschrubben. Ich konnte förmlich spüren wie mich diese Ernährungsweise reinigte und erfrischte. Lebensenergie nahm zu und Umfang ab. Doch “low carb” ist eindeutig Verzicht. Keinen Zucker. Nur noch wenig Pasta, Reis, Kartoffeln oder Brot, was ich alles selbstverständlich sehr gern esse. Stattdessen viel Gemüse und viel Fleisch, wobei ich auf letzteres am ehesten verzichten könnte. Und ganz hart: sehr wenig Obst – wegen des Fruchtzuckers, der eben leider auch Heißhunger produziert! Nun gut, dank des fühl- und sichtbaren Erfolgs ging es trotzdem alles ganz gut. Dann kam eine Einladung meiner Nachbarn zum Abendessen. Zu einem veganen Abendessen! Na toll, dachte ich, jetzt auch noch so ein Tofu-Scheiß! Ich hass(t)e Tofu. Dank einiger sehr mieser Erfahrungen mit veganem Kantinenessen war ich hinreichend skeptisch.

Doch was eine an sich schon unterdurchschnittliche Kantine ohne Hinzunahme tierischer Produkte zubereitet und was ein formidabel kochender Nachbar daraus macht, der zudem die fantastischen Rezepte des Herrn Hildmann nachkocht, sind glücklicherweise doch zwei grundverschiedene Dinge. Attila Hildmann braucht keine Promotion, vermarkten kann sich dieser Mann sehr gut selbst. Dennoch möchte ich ihn erwähnen, denn besonders dank seiner unglaublich köstlichen, raffinierten veganen Rezepte schreibe ich heute diesen Text. Aber, zurück zum veganen Nachbarschaftsessen.

Schon das Entree, eine Brokkoli-Matcha-Suppe, war so köstlich und so reichhaltig, dass ich danach schon fast satt war. Den angebotenen Nachschlag musste ich ablehnen, wollte ich doch auch tapfer etwas vom Hauptgericht probieren. Das war ein Ensemble aus Kirchererbsen, Paprika, getrockneten Tomaten, Mandelmus, Brokkoli und Auberginen, gewürzt unter anderem mit Kurkuma. Der Hammer! Ich habe selten etwas so Fantastisches gegessen! Sicherlich hatte der monatelange Verzicht auf Kohlehydrate meine Geschmacksnerven verändert. Doch ich wusste in dem Moment dort am Tisch nur eines: Das war lediglich die Vorbereitung auf das, was nun kommen soll. Vegan erschien mir wie die logische Konsequenz aus low carb, wenn man kein wirkliches Fleischpflanzerl ist. Das musste ich ausprobieren!

Die Vorbereitungen dazu waren schon ein wenig aufwendig. Denn die meisten dieser Zutaten habe ich nicht im Haus. Doch auch da weiß die Hildmannsche Marketing-Maschine Abhilfe! Es lassen sich vegane Starter-Pakete im Internet bestellen, die erst einmal die Grundversorgung sichern. Also, Buch geordert, Paket bestellt, Frischzeug dazugekauft, los ging’s!

Zucchinispaghetti frisch aus dem Lurch gezaubert.

Heute ist Tag 13 meiner 30-tägigen Challenge – wie Hildmann es nennt. Ich habe Spaghettis aus Zucchinis gedreht, meine Küche steht voller Mandel-, Cashew- und Erdnussmus, gepopptes Amaranth mit Himbeeren gehört inzwischen zu meinem Standardfrühstück. Jeden Tag blättere ich durch das Rezeptbuch “Vegan for Fit” und jeden Tag stehe ich vor dem selben Problem: Was koche ich als nächstes? Ich kann mich oft nicht entscheiden! Caprese mit kandiertem Tofu, Pastinakenrisotto, Kürbispommes – alles schmeckt einfach fantastisch! Als ich die Kürbispommes mit Avocado-Orangen-Dip übrigens zum ersten Mal aß, beschloss ich spontan, nie wieder was anderes essen zu wollen …

Also, ein kleines Zwischenfazit auf der Hälfte der Challenge: Vegan hat nichts mit Verzicht zu tun, vegan ist Genuss pur. Und gesund ist es auch noch. Es ist eindeutig aufwendiger in der Herstellung und man muss sich zu Beginn schon etwas in diese Küche hineinkochen. Es ist auch nicht billig, sich so zu ernähren. Ich werde sicher nie dogmenhaft (s.o.) vegan leben – dafür ist mein Schuh- und Taschentick viel zu ausgeprägt. Und außerdem esse ich dafür zu gerne mal ein Schinkenbrot. Doch bereits diese 14 Tage haben meine Einstellung zum Essen deutlich verändert und werden sicherlich großen Einfluss auf meine weitere Küchenkunst haben. Schon jetzt habe ich diversen Freunden angedroht, sie demnächst vegan zu bekochen. Kinder, ihr werdet es lieben … und nicht erst, wenn es zum Nachtisch selbstgemachte vegane Schoki mit Gojibeeren gibt!

Und was mir sonst noch so im veganen Alltag passiert gibt’s hier nachzulesen.