Irgendwann hat wohl jeder schon einmal darüber sinniert, wie schnell doch die Zeit vergeht. Und auch wenn die Zeit an sich objektiv für alle gleich schnell (bzw. langsam) vergeht, ist sie doch etwas ganz und gar subjektiv Empfundenes.

Heute, am 20. Juni 2018, ist es fünf Jahre her, seit mein ersten Ehemann tödlich verunglückte. In diesen fünf Jahren bin ich durch die Hölle gegangen und in den Himmel geflogen. Das Leben hält alles bereit. Das Eine wie das Andere. Ich will nicht von Gutem oder Bösem, von positiv oder negativ sprechen. Alles ist das, was jeder Mensch daraus macht. Ganz eigenverantwortlich. Und so kann auch im Fürchterlichen ein Funken Hoffnung stecken, und am Ende einer Geschichte eine Zukunft beginnen.

Verbunden bleiben

Als Henry starb wusste ich sofort, aus unserer gemeinsamen Wohnung kann ich nicht ausziehen, jedenfalls nicht sofort. Manche Freunde rieten mir dazu. Ich sagte Nein und blieb. Denn hier fühlte ich mich ihm verbunden, enger verbunden als sonst wo. Diese Wohnung hatten wir zusammen ausgesucht und gemeinsam zu unserem Zuhause gemacht.

Mit den Jahren merkte ich jedoch wie diese Verbundenheit an diesem Ort schwand. Und das lag nicht daran, dass ich irgendwann mit einem anderen geliebten Menschen hier lebte. Nein, es war vielmehr so, dass ich merkte wie meinen Erinnerungen an Henry Flügel wuchsen. Ich begann Orte zu besuchen, an denen wir zusammen gewesen waren. Es war etwas, das mir zu Beginn sehr schwer fiel, denn es belebte den Schmerz über den Verlust. Doch je öfters ich an Orte kam, die mich mit Henry verbanden, desto leichter fiel es mir, dort an ihn zu denken und unserer Liebe nachzuspüren.

Es ist immer ein Denken in Liebe und Verbundenheit, in Freude und Dankbarkeit für die wunderbare Zeit, die wir zusammen hatten, auch wenn es noch nicht einmal sieben Jahre waren.

Orte der Verbundenheit

Viel haben wir unternommen in diesen Jahren. Wir waren in Budapest, in Paris und in London, in Venedig und Warschau, auf Kreta, in meinem geliebten Harz, in Franken, im Erzgebirge, auf der Zugspitze, an der Nordsee, auf Rügen und oft an unserem gemeinsamen Sehnsuchtsort, auf dem Darss. Wäre es anders gekommen und Henry und ich hätten weiter zusammen gelebt, eines Tages wären wir wahrscheinlich auf den Darss gezogen, dahin, wo wir uns verliebt haben.

Während ich diese Bildergalerie zusammenstelle, laufen meine Augen über von Tränen und ich lache mich kaputt. Es sind Tränen der Trauer, die nie ganz vergehen wird, und Tränen des Glücks, dass ich mit diesem Menschen eine Zeit leben und ihn erleben durfte. Und es sind herzliche Lacher in Erinnerung an einen großartigen Menschen, der ungemein witzig sein konnte und mit dem das Reisen ein großes Vergnügen war. Danke, mein geliebter Henry, für sechseinhalb wunderbare Jahre.

Zu neuen Ufern

Heute, am 20. Juni 2018, verlasse ich unseren gemeinsamen Ort, ziehe ich aus unserer Wohnung, die wir beide so sehr geliebt haben, aus. Es fühlt sich passend an, an diesem Tag aufzubrechen in ein neues Leben. Es wird anders sein, an einem Ort zu leben, an dem mich nichts mit Henry verbindet. Dennoch bleibt die Verbundenheit, in meinen Erinnerungen und in meinem Herzen. Für immer.