Es war im heißen Sommer 2006. Berlin, Deutschland und die Welt bereiteten sich auf die Fußballweltmeisterschaft vor. Es war schon spät am Abend. Ich saß mit einem Glas Rotwein im Wohnzimmer auf meinem blauen Sofa und chattete mit einem Freund in Westdeutschland.

Der wollte unbedingt was „im Netz machen“, obwohl er von der Materie mal einfach gar keine Ahnung hatte. Ich riet ihm deswegen von einer eigenen Website ab. Denn ich kannte ja sein fehlendes Grundverständnis vom Internet. Doch er ließ nicht locker. „Also gut“, sagte ich zu ihm, „dann mach‘ doch ein Blog auf“. Er fragte: „Was ist ein Blog?“ Ich seufzte.

Gut. Genau genommen hatte ich auch noch keine wirkliche Blogerfahrung. Jahre zuvor hatte ich mal einen Sommer lang mit einer Freundin ein Spaßblog betrieben. Das hatte uns ein Freund auf WordPress, das damals noch in den Kinderschuhen steckte, eingerichtet. Wir hatten einigen Spaß damit, aber letztendlich schlief es ein, weil sich niemand so richtig drum kümmerte. Und irgendwann wurde es von Spammails geflutet.

Während ich also 2006 mit meinem Ich-will-ins-Web-Freund telefonierte, suchte und fand ich blogger.com und fing an rumzuprobieren. Man da hatte sich ja doch einiges getan in den letzten Jahren, was Bedienbarkeit betrifft. Das ging ja ganz flott mit dem Blog einrichten.

Um mein telefonisches Gegenüber Schritt für Schritt durch die Anleitung zur Erstellung eines Blogs zu lotsen, musste ich mir also by the way selbst ein Blog erstellen. Und während in Duisburg noch gestöhnt und geflucht wurde, wurde in Berlin bereits gejubelt und gepostet. Und eh ich mich versah, besaß ich ein Blog.

Der Name war schnell gefunden. Denn Jahre zuvor hatte ich in San Fransico ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Life is a journey, enjoy the ride“ erstanden. Das trug ich an diesem Abend. Und da der Spruch irgendwie zu mir passt, sollte er auch für das Blog passen.

 

Hilfe, ich habe ein Blog!

Da lag es nun, das Blog. Ungeplant, aus einem Zufall geboren. Die Frage „Was mache ich nun damit?“ beschäftigte mich tagelang. Und zu dieser Zeit begab es sich wie eingangs erwähnt, dass in Berlin die Vorbereitungen zur Fußballweltmeisterschaft in die heiße Phase starteten. Das Wort „Fanmeile“ hatte ich bis dato noch nie gehört. War das überhaupt schon erfunden?

Egal. Auf der Straße des 17. Juni wurde sie jedenfalls aufgebaut – die große Fanmeile zur Fußball-WM in Deutschland 2006. Und zufällig kreuzte diese Fanmeile meinen täglichen Arbeitsweg mit dem Fahrrad durch den bis dahin so beschaulichen und ruhigen Tiergarten. Mit der Ruhe und Beschaulichkeit war es dahin. Plötzlich sprossen überall Dixieklos aus dem Boden. Kurze Zeit später folgten grölende, torkelnde Bierbecherhalter. Muss ich mehr sagen? Hab ich ja schon, wie nachzulesen in den Sommermonaten 2006.

Und nach der WM? Blog schließen? Nein, irgendwie hatte ich Spaß daran gefunden und machte weiter. Sporadisch zumindest. Dem Motto „Life is a journey“ treu bleibend berichtete ich über Dinge und Begegnungen an meinem Wegesrand, die mir ausreichend erwähnenswert erschienen.

 

Nach dem Spiel, ist vor dem Spiel

Diese Dinge und Begegnungen gibt es immer noch. Aber zwischenzeitlich wurde Twitter geboren. Und auch wenn ich mich anfangs heftig gegen die Teilnahme wehrte, auf 140 Zeichen lassen sich die spontanen Befindlichkeiten vom Wegesrand des
Lebens nun mal einfacher und schneller unter die Leute bringen, als sich erst hinzusetzen, einen ausreichend eloquenten und vor allem auch mehr als 140 Zeichen langen Text zu verfassen. Mein Blog litt darunter. Ich auch. Doch Leben heißt Veränderung. Und so veränderte sich auch dieses Blog.

Mit diesem Text startete ich 2006 dieses Blog (damals war ich übrigens auf dem alles-kleinschreiben-trip!):

„life is a journey, enjoy the ride…. ein wahres wort wie ich finde. tagtäglich ob per rad, zu fuß, in bussen und bahnen, autos, fliegern, eselskarren – menschen sind unterwegs. von a nach b, manche nehmen den weg über d, andere biegen bereits bei c ab. das leben ist also eine reise. wohin sie uns führt? die meiste zeit können wir nicht weit genug voraussehen, um den weg zu wissen. manchmal ist er vorgezeichnet, manchmal fremdbestimmt, aber in den meisten fällen wählen wir ihn doch selbst. denken vielleicht nicht an jeder wegkreuzung nach, aber er führt uns immer weiter…

der meinige führt mich zurzeit gerade durch die vorbereitungen der stadt berlin auf die fußball-weltmeisterschaft. in diesem blog lest ihr wie es mir damit ergeht…

Inzwischen hat mich meine Reise an vielen Stellen vorbeigeführt und ich bin ein großes Stück in meinem Leben weitergekommen, was vor allem an einem sehr besonderen Menschen liegt, der vor einigen Jahren meine Reiseroute in eine neue Richtung lenkte, mit der ich nun sehr glücklich und zufrieden lebe.

 

Nachtrag 28. Mai 2014

Dieser besagte Mensch ist im Juni 2013 tödlich verunglückt. So furchtbar, unfassbar und unendlich schmerzhaft dieses Unglück auch war, es hat meinem Leben wiederum eine neue Richtung gegeben. Eine, gegen die mein Verstand lange aufbegehrt hat. Aus besagten Gründen ist deswegen in diesem Blog lange nichts geschrieben worden.

Doch die viel besagte Erkenntnis, dass das Leben weitergeht, stimmt. Auch mein Leben geht inzwischen weiter. Und an welchen Stellen es wiederum eines Kommentars wert ist, lest ihr nun wieder hier.

Impressionen aus
10 Jahren Life-Blog

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