Sag mir, wo die Blumen sind
Sag mir, wo die Blumen sind, wo sind sie geblieben? Dieses Lied geht mir unmittelbar durch den Kopf als ich erstmals die IGA Berlin 2017 besuche. Zumindest drängt sich diese Frage auf mit dem ersten Eindruck, den die Internationale Gartenausstellung vermittelt, wenn man das Gelände durch den als solchen vom Veranstalter bezeichneten Haupteingang an der Hellersdorfer Straße betritt.
Gut, wir wollen nicht ungerecht sein. VOR dem eigentlichen IGA-Gelände, in Höhe der Kassenhäuschen, blühen derzeit ein paar sehr hübsche, bunte Tulpenbeete. Und weiter? Also, man betritt das Gelände, rechter Hand ein Grashügel, linker Hand die Seilbahnstation. Da stürmt erstmal alles hin. Die wenigsten jedenfalls folgen den Pfaden durch das Gelände. Warum auch? Blumen sind weit und breit keine zu sehen.
Im Sumpf
Also, dann eben in die Seilbahn. Ey, das ist schon cool! Seilbahn fahren im ansonsten so flachländlichen Berlin ist für mich Harzer Bergziege sehr witzig. Während der Fahrt rauf auf den Kienberg schweift der Blick nach rechts und links. Ich suche Blumen. Immer noch. Vielleicht irre ich mich ja auch. Aber, bislang hatte ich diese bunten Gewächse als Hauptattraktion von Gartenschauen vermutet. Obwohl, ich muss zugeben, ich war auch noch nie auf einer Gartenausstellung. Weder regionaler, noch nationaler, geschweige denn internationaler Art. Und schließlich haben Gärten ja doch so viel mehr zu bieten als Blumen. Zum Beispiel einen Sumpf.
Ja, denn während der Fahrt rauf auf den Müllberg, fällt mein Blick auf Gras, ein paar Kinderschaukeln und auf einen Sumpf. Den haben sie zur IGA extra angelegt. Toll, ein Sumpf, denke ich. Vielleicht ist das eine Reminiszenz an die Stadt Berlin? Also, historisch betrachtet. Denn der Name Berlin soll ja auf den altslawischen Begriff berl für ‚Sumpf‘ zurückgehen, also braucht eine IGA in Berlin natürlich auch einen Sumpf. Ja, nee, is‘ klar.
Mittlerweile rauscht die Seilbahn dem sogenannten Wolkenhain auf dem ehemaligen Müllberg entgegen. Der Bau ist ein weißes Gebilde, eine Aussichtsplattform, ein…äh…? Ich weiß auch nicht, auf diesen Architektur kann ich mir keinen Reim machen. Und schließlich, ich bin ja auch nicht wegen der Architektur hier, sondern wegen … ach ja, wegen der Blumen.
Jetzt geht’s bergab
Auch während der Talfahrt der Seilbahn hinab auf die marzahnische IGA-Seite sind nicht wirklich viele Blumen zu sehen. Keine Meere von im Wind wogenden, bunten Köpfchen, keine Rabatten, kein Halm. Dafür gibt die gen Marzahn sausende Seilbahn den Blick frei auf die für den Bezirk so berühmte DDR-Platte. Doch, ja, die Ausblicke sind schon spektakulär. Und es ist auch toll, dass die Stadtplaner die IGA in diesem Bezirk angesiedelt haben, ehrlich gemeint. Ein bleibender Mehrwert für die Menschen, die hier leben, ist es allemal.
Die Gärten der Welt gab es dort ja bereits vor der IGA. Und es war auch eine gute Idee, diese Gärten mit der IGA zu koppeln. Denn so haben die GdW Zuwachs bekommen. Und diesem Zuwachs wenden wir unsere Schritte als nächstes zu, da wir am Haltepunkt Marzahn gezwungen wurden, die Seilbahn zu verlassen, O-Ton des jugendlichen Seilbahnwärters an meinen Mann gewandt: „Nee, Rundfahren machen wir keene, junger Mann.“ Schade, eigentlich. Ich hätte auch noch ’ne Runde gedreht.
Gartenkunst, Kunstgarten
Aus den IGA-Unterlagen erfahre ich, es handelt sich bei den Gärten-der-Welt-Neubauten um sogenannte Gartenkabinette, gestaltet von international renommierten Gartenarchitekten. Aha. An einem verrosteten, eisernen Schiffsbauch hängen silberne Urnen, aus denen was wächst – keine bunten Blumen. Ein anderes Kabinett erinnert an ein Spiegelkabinett mit Wasser drumrum. Im chinesischen Kabinett gibt es eine große, zugige Hütte. Der Libanon hält Kois in einem sehr trüben Wasser. Kanada arbeitet mit verkohltem Holz. Wir gehen weiter.
Nur, nebenbei bemerkt, Blumen blühen hier in den Gartenkabinetten selbstverständlich keine.
Syrische Bratwurst
Nun, so viel blumenlose Gartenkunst macht hungrig. Nahe der IGA-Arena – in sehr guter Hörweite zu den dort stattfindenden Veranstaltungen (erst wurde uns schreiender Hiphop serviert, dann ein Kinderchorkonzert – wunderbare Welt der Vielfalt!) – gibt es einen Selfservice. Wir stellen uns an. Die Bratwurst 3,90€ (Biobratwurst 4.90€), Biolimo 3€ plus Pfand – pro Person wohlgemerkt. Für die Bratwurst muss man am Biolimostand Jetons kaufen. Die beiden jungen Leute am Biolimostand sind ob des massenhaften Andrangs (von etwa fünf Menschen) völlig überfordert. Gut, es dauert halt.
Während ich mit den Biolimos einen Platz suche, stellt sich mein Mann am Bratwurststand an, bzw. da ist gar keine Schlange. Freu, das müsste also schnell gehen, denke ich. Ich warte und trinke schon mal einen Schluck Biolimo. Warte. Und noch einen Schluck, warte, noch einen … Als die Flasche nach einer guten Viertelstunde fast leer ist, kommt mein Mann mit den Bratwürsten. Ich frage, warum das so lange gedauert hat, wo da doch niemand vor ihm war. Er erklärt mir, dass der den Jetonwurststand betreuende junge Mann mit Migrationshintergrund (vermutlich nördliches Afrika) eine Wurst erst auf den Grill legt, sobald ein (hungriger) Gast vor ihm steht. Dann grillt er die Wurst seeehr langsam von jeder Seite, während sein Assistent, ein chinesischer Austauschstudent, mit dem Rösten des Brotes erst beginnt, sobald die Bratwurst aber wirklich gut durch ist. Ja, und das alles zusammengerechnet dauert halt.
Nun, egal. Zum Nachtisch noch eine Kugel Eis für 1.80€ (ohne Jetons), bummeln wir weiter begleitet von dem Kinderchor, den man wirklich sehr weit auf dem Gelände hören kann. Gartenkunst mit Musik.
Unterm Mandelbaum
Letztlich waren wir über drei Stunden unterwegs auf dem IGA-Gelände. Ein paar Blumenrabatten gab es auch noch am Wegesrand, hin und wieder wogten sogar ein paar Tulpen. Mandelbäume warfen ihre Blüten ab und verwandelten eine Wiese in ein rosa Meer. Und ansonsten bin ich mal gespannt, wie es denn bei meinem nächsten Besuch so aussieht auf der Berliner IGA. Denn schließlich habe ich ja eine Dauerkarte geschenkt bekommen. Und ich gelobe feierlich, ich werde nicht aufgeben, die Blumen zu suchen. Sag mir wo die Blumen sind…
Will be continued…
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