Ich ließ meinen Engel lange nicht los,
und er verarmte mir in den Armen
und wurde klein, und ich wurde groß:
und auf einmal war ich das Erbarmen,
und er eine zitternde Bitte bloß.

Da hab ich ihm seine Himmel gegeben,
und er ließ mir das Nahe,
daraus er entschwand;
– er lernte das Schweben, ich lernte das Leben,
und wir haben langsam einander erkannt …

Seit mich mein Engel nicht mehr bewacht,
kann er frei seine Flügel entfalten
– und die Stille der Sterne durchspalten,
denn er muss meiner einsamen Nacht
nicht mehr die ängstlichen Hände halten

seit mich mein Engel nicht mehr bewacht.

Rainer Maria Rilke

Für dich, mein geliebter Henry. Dermaßen…