Nie zu alt für Unfug

Nie zu alt für Unfug

Unfug – was für ein schönes Wort. Umgangssprachlich für Unsinn. Von Unfug gibt es keinen Plural. Unfüge? Nein. Existiert nicht. Gegen groben Unfug ist man nicht geschützt oder versichert, sagt der Volksmund. Firlefanz ist ein Synonym für Unfug – und ebenso ein entzückendes Wort. Das Gegenteil von Unfug ist Fug. Mit Fug und Recht. Fug kommt aus dem Mittelhochdeutschen und bedeutet Recht. Unfug setzen wir aber dennoch nicht mit Unrecht gleich. Es ist eher Quatsch, alberner Kram. Blödsinn.

Also, könnte ich auch sagen: Für Blödsinn ist man nie zu alt. Ich jedenfalls nicht. Es gibt viel Unfug oder Blödsinn, von dem ich die Finger lasse. In der Regel, weil vieles Zeit verschwendet, die ich lieber mit anderem Sinn fülle anstatt mit Unsinn. Aber es gibt aber auch Unfug, an dem ich einfach nicht vorbeikomme.

Erst rief ich: “Nein! Verschont mich mit diesem Quatsch! Auf Schritt und Tritt den Minimonitor vor Augen haben? Zeichentrickfiguren sammeln? In Arenen kämpfen? Spätestens bei letzterem war ich ausgestiegen und hatte beschlossen, Pokemon Go geht an mir vorbei.

Nun bin ich an Arbeitstagen im Schnitt zwei Stunden per ÖPNV unterwegs, stehe auf Bahnsteigen rum, warte auf Züge, sitze in selbigen. In der Regel wirft man in dieser Zeit eine Blick aufs Handy, checkt Mails, schaut bei Facebook vorbei, twittert eine Runde über die verlorene Zeit durch verspätete S-Bahnen und ähnlich Nebensächlichen am Wegesrand. Warum, so dachte ich mir dInder Tage – etwa in Höhe vom Ostbahnhof – warum also, nicht? Lad’ dir doch die App eben mal runter und guck’ dir diesen Pokequatschkram an, flüsterte mir meine innere Unfugstimme ins Ohr. Okay, okay… Geladen, installiert, Profil angelegt und … oh Gott … bei der Frau gegenüber sitzt ein komisches buntes Tierchen auf dem Schoß! Ahhhh!!! Ich wische so ungeschickt mit den Fingern über den Monitor und reiße das Gerät herum, dass mich die Frau mit dem Monster auf dem Schoß misstrauisch beäugt. Das Monster beäugt mich auch misstrauisch. Sind die beiden im Bunde?

Nun, also, um es kurz zu sagen: Schnell hatte auch mich dieser Pokémon-Hype gepackt, denn wie diese kleinen Biester plötzlich so aus dem Nichts auftauchen und sich frech auf die Couch lümmeln oder auf der Tastatur rumhüpfen, das ist schon witzig. Es ist dieser Transport von dem Ungesehenen in die sichtbare Welt, der fasziniert.

Doch ebenso schnell ist der Hype auch wieder verflogen – Pokémon came and went. Das Spiel selbst langweilte mich schnell. Kämpfen in Arenen interessiert mich nicht. Auch draußen rumlaufen mit der Nase im Smartphone ist noch nie mein Ding gewesen. Außerdem bin ich meistens sowieso mit dem Fahrrad unterwegs, da ist Pokémons jagen eher hinderlich. Und auch wenn mein Schreibtischstuhl im Büro ziemlich genau zwischen zwei erreichbaren Pokestops steht, der Reiz des Unfugs ist verflogen. Ich halte dann mal nach dem nächsten Quatschkram Ausschau, den es auszuprobieren  lohnt.

Die Welt des Tanzes

Die Welt des Tanzes

Ich hatte ja keine Ahnung. Tanzen? Tanzen hieß bislang auf einer Party ein bisschen rumhopsen. Jeder schön für sich alleine und ab und an engtanzen zu Kuschelrock 19. Paartanz? Schrittfolgen? Figuren tanzen? Der Herr begleitet die Dame am Ende des Tanzes zum Tisch? Nee. Das war doch alles 1978, Tanzstunde zu Musik, die man mit 14 bescheuert fand und die mich damals nicht zum Fan des Paartanzes machten sollte.

Nun. Die Folge dieses pubertäres Prägung war: Ich habe seit 1978 so gut wie nie wieder Cha Cha, Rumba oder Foxtrott getanzt. Dabei hatte ich Cha Cha gemocht, schon damals, mit 14.

Szenenwechsel. 38 Jahre später. Der Liebste schlägt vor, an einem Tanzworkshop teilzunehmen. Klar. Warum nicht. Ein bisschen koordinierte Bewegung tut bestimmt gut. Und lustig kann das vielleicht auch sein. Ich gucke in den Seminarplaner. Ballroom Dance Special, das klingt interessant. Ich, Kind der 70er, habe sofort “Ballroom Blitz” von Sweet im Ohr. Ok, dass sie das dort spielen erscheint mir unwahrscheinlich. Dennoch zieht mich genau dieses Wort an. Ballroom – das klingt nach knisternden, knielangen Taftkleidern mit ausgestelltem Rock, nach Eintänzern und Bowle und 50er-Jahre-Musik. Außerdem findet das Wochenende in einem schönen, alten Gutshof im Märkischen statt, der Ballroom liegt direkt am See. Wenn es doof sein sollte, kann man sich also immer noch ein nettes Badewochenende machen. Denke ich.

Gebadet haben wir. Ja, in Schweiß. Bei 31 Grad schwüler Sommerhitze wird so ein 1-2-Cha-Cha-Cha zu einem Hochleistungssport mit Abnehmgarantie. Und dieser Sport hat saumässig Spaß gemacht! Was war das für ein Vergnügen als die ersten Drehungen beim langsamen Walzer klappten und mein Süßer mich übers Parkett schweben ließ. Und als wir erst entdeckt haben, dass wir ein Milonga-Paar sind!! Wow! Ist das cool mit leicht gebeugtem Knie, im Rückwärtsschritt, die Schultern aneinander geschmiegt durch den Raum zu schieben. Foxtrott und Disco-Fox, ok, das haben wir so mitgenommen, das war keine Liebe auf den ersten und auch nicht auf den zweiten Blick. Bei Cha Cha und Charleston gingen unsere Leidenschaften etwas auseinander. Und dennoch, die Leidenschaft für das Tanzen im Allgemeinen ist geweckt, der Tangokurs für nächstes Jahr gebucht.

Etikette hat nichts mit Etikett zu tun

Noch etwas anderes hat mich an diesem Workshop sehr berührt – und zwar, welchen Wert Etikette im Leben einnehmen kann. Es macht einfach einen Unterschied, ob man gefragt wird: “Ey, komm’ … tanzen!” (und einen die Hand des Partners dabei mit einen leichten Klaps auf den Oberarm zum Aufstehen auffordert). Oder ob jemand sagt: “Darf ich bitten?” (und der Partner einem dabei die geöffnete Hand als Einladung zum Aufstehen hinhält).

Benehmen gehört genauso selbstverständlich zum Tanzen wie Musik. Und so hat es wirklich großes Vergnügen gemacht, von unseren Tanzlehrern zwischendurch immer mal wieder eine Lektion in Etikette zu erhalten. Der Mann geht beispielsweise treppab immer eine halbe Stufe vor der Dame, treppauf eine halbe hinter ihr. Maximal drei Tänze, dann sollte man die Dame fragen, ob eine Pause genehm ist. Dazu führt der Mann sie zum Platz, rückt ihr den Stuhl zurecht und erkundigt sich nach ihrem Getränkewunsch. Herrlich! Ich finde das toll! Und gleich mal vorab: Das hat überhaupt gar nichts mit einem reaktionären Rollenbild zu tun, sondern mit Höflichkeit. Und an der mangelt es unserer Tage leider viel zu häufig.

Mein Fazit nach 3 Tagen Ballroom Dance lautet: Es ist eine tolle Gelegenheit mal komplett aus dem Alltag rauszutreten. Man hat eine außergewöhnliche Zeit zu zweit. Schaut dem Partner mal wieder richtig lange in die Augen. Und für das Zweierlei ist Tanzen eine sehr gute Übung in Vertrauen. Sich selbst und anderen.

Das dritte Jahr

Das dritte Jahr

Heute morgen zog ich mich zuerst ganz in Schwarz an.  Schwarze Hose, schwarze Bluse, schwarze Schuhe. Ich rannte in der Wohnung rum, fönte die Haare, machte Frühstück für die Familie und fühlte mich nicht wohl in meiner Haut. Schließlich zog ich mich um.

Nach dem Tod meines Mannes hatte ich eine Zeitlang viel über Rituale nachgedacht. Sollte ich welche etablieren? Und wenn ja, welche? An seinem Geburtstag und an seinem Todestag zum Grab gehen, in Stille vor dem Grabstein verweilen und Blumen niederlegen? Ich entschied mich dagegen. Denn es fühlte sich nicht so an, als ob das zu mir und zu ihm gehören würde. Dort auf dem Friedhof ist für mich nichts von ihm. Es ist nicht mein Ort des Gedenkens. Ich denke im Alltag an ihn. Erzähle von ihm. Orte erinnern mich an ihn, an denen wir wirklich zusammen waren. Und eben nicht dieser Ort, der Friedhof, an dem wir nie gemeinsam waren.

Heute, am dritten Todestag, gehe ich wie gewohnt ins Büro. Und doch ist es kein gewöhnlicher Tag.  Seit Tagen rekapituliere ich den 20. Juni 2013, sage mir im Kopf still die Uhrzeiten auf wann was passierte – wie ein Gedächtnisprotokoll. Diese Daten sind fix. Doch heute passieren zu diesen Uhrzeiten andere Dinge. Es passiert Alltag. Mein Leben. Diese Daten gehören zu meinem Leben wie auch die Dinge, die heute geschehen, drei Jahre später. Das Leben steht nicht still. Zum Glück.

Hallo Umzug!

Hallo WordPress! Schon lange geplant, und jetzt endlich wahr gemacht! Yadzia’s Blog “Life is a Journey” ist umgezogen und mit einem schicken Wordpress-Template neu frisiert. Neue Url, neues Design, mehr Möglichkeiten, mehr Schnickschnack – das Übliche eben, wenn man seit ein paar Jahren bloggt.

Länger hatte ich darüber nachgedacht, ob ich das Life-is-a-journey-Blog schließe oder wieder belebe. Ich habe mich für Letzteres entschieden. Schließlich ist meine Reise ja noch lange nicht zu Ende hier auf diesem Planeten. Und auch wenn es die vergangenen drei Jahre still auf diesem Blog geworden ist, gab und gibt es jede Menge zu berichten.

Und hier gibt es auch endlich mehr Möglichkeiten, euch ab und an ein paar schöne Fotos zu zeigen von all den Begegnungen und Erlebnissen am Wegesrand  meiner Lebensreise. Ich freu’ mich drauf!

Reykjavik – allein der Name!

Reykjavik – allein der Name!

Als Kind gab es ein Spiel mit meinem Vater, das ich sehr liebte: Hauptstädte-Raten. Das ging so: Er sagte das Land, ich die dazugehörige Hauptstadt. Für Erdkunde hatte ich schon immer was übrig. Eine Land-Hauptstadt-Kombi gab es, die ich nie, nie, nie falsch riet: Island? Reykjavik!

Was für ein Name! Schon damals als Kind klang mir diese Hauptstadt wie Musik in den Ohren. Reykjavik – das klang so geheimnisvoll, nordisch, bevölkert von Elfen und Trollen und Wikingern. Dass ich da jemals hinkommen würde, war mir damals unvorstellbar. Island war ja sooo weit weg und überhaupt gaaanz teuer!

Nun. Die Jahre sind seitdem ins Land gegangen. Island ging Pleite. Ich verdiente mein eigenes Geld. Die Billigfluglinien wurden erfunden. Und plötzlich war das ferne Land ganz nah. Zudem kam noch eine Abmachung mit meinem Schatz, uns gemeinsam mal die Aurora Borealis anzusehen. Abgemacht, gesucht, gebucht. Im Oktober flogen wir nach Reykjavik.

Hey, und was soll ich sagen? Island ist ein geniales Land! Weite. Einsamkeit. Entspannte Menschen. Reykjavik ist ungefähr so groß wie Göttingen. Und ein bisschen wirkt es auch so wie eine kleine Studentenstadt. Alles dort ist fußläufig. Es gibt eine lange Einkaufsmeile mit hippen Läden. Nette Kneipen, viele große Graffittis an Häuserwänden, ein sehr cooles Konzerthaus, stylische Hotels, Restaurants jeglicher internationaler Geschmacksrichtung, eines preist sogar seinen Biergarten an. Nun, bei 3 Grad Celsius war das im Oktober nicht wirklich eine Option.

Ja, und zu den drei übersichtlichen Grädchen hatten wir zudem die ganze Woche kontinuierlich Regen, einen Tag sogar Schnee. Aurora Borealis? Pustekuchen! Da war leider einfach mal gar nichts zu sehen. Doch das hat die Schönheit und das Vergnügen an dieser Reise nicht geschmälert. Im Gegenteil. So haben wir uns kurzerhand einen Wagen gemietet und sind auf eigene Faust durchs Land gebraust. Der Verkehr in Island ist ebenso wie seine Bevölkerung rar. Ist man aus Reykjavik raus, trifft man nur selten ein Auto. Nur an den touristischen Highpoints – Geysire, Wasserfälle und Game-of-Thrones-Drehorte – da ist mehr los. Sonst nichts als Weite und Ruhe für Augen und Ohren.

Und mein Fazit? Auch Island ist mehr als ein paar Tage Reise wert. Ich würde gern noch einmal im Sommer hinfahren, für länger und eine Tour rund um die Insel machen. Sommers gibt es dann zwar ziemlich sicher kein Nordlicht, doch was soll’s, dafür betört einen das Land mit seinem einfach nur Da sein. Seht selbst: